Der Jugendarrest in Deutschland als noch zeitgemäße Sanktion des deutschen Jugendstrafrechts? - Ein Vergleich mit Norwegen, Schweden, Finnland und den Niederlanden

Der Jugendarrest gehört laut Dölling „zu den umstrittensten Sanktionen des deutschen Jugendstrafrechts. Als häufigste freiheitsentziehende Maßnahme ist der Jugendarrest in den §§ 13 bis 16a Jugendgerichtsgesetz geregelt. Aufgrund seiner Zuordnung zu den sogenannten Zuchtmitteln kommt ihm ein ahnender Charakter zu, mit dem neben Erziehung auch Schuldausgleich und Vergeltung verfolgt wird.

Zwar hat der Jugendarrest in der Vergangenheit einige Veränderungen erfahren. So sind in den Bundesländern eigene Jugendarrestvollzugsgesetze in Kraft getreten und im Jahr 2013 wurde der sogenannte „Warnschussarrest“ in § 16a JGG aufgenommen. Trotz dieser Veränderungen bestehen die Kritik an sowie die bekannten Probleme im Zusammenhang mit dem Jugendarrest fort: Der Mangel an speziell für den Jugendarrest qualifiziertem Personal, das inhaltlich inkonsistente Angebot, die marginalisierten Lebenslagen der jungen Menschen, die von struktureller Benachteiligung in den Bereichen Bildung, Arbeit und Gesundheit betroffen sind, oder gesellschaftliche Ausschließungsprozesse. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob der deutsche Jugendarrest eine noch zeitgemäße Sanktion im deutschen Jugendstrafrechtssystem darstellt. Kann er dem Ziel des JGG gerecht werden? Sind weitere Änderungen notwendig? Die aufgeworfenen Fragen sollen durch einen Vergleich mit europäischen Ländern beantwortet werden, wobei u.a. auf die skandinavischen Länder zurückgegriffen werden soll. Denn sie weisen im Vergleich zu Deutschland einen stärker wohlfahrtorientierten Ansatz im Jugendstrafrecht auf. So spielen in Norwegen die nationale Mediationsdienststelle Konfliktrådet und in Schweden die Sozialdienste eine zentrale Rolle im Jugendstrafrecht. Diesen Institutionen fällt eine große Verantwortung im Rahmen des Vollzugs hinsichtlich der angeordneten Sanktionen zu, um so einen Kontakt der jungen Straftäter:innen mit dem Strafjustizsystem zu vermeiden. 

Zunächst soll die Situation im nationalen Recht konkret herausgearbeitet werden, um im nächsten Schritt die ausländischen Regelungssysteme zu analysieren. Im Rahmen dieser Analyse sollen neben dem jeweils geltenden Recht, die aktuellen Daten zur Strafverfolgung und zum Strafvollzug sowie der aktuelle Forschungsstand unter Rückgriff auf empirische Studien in den Blick genommen werden. Hierauf aufbauend sollen einzelne Regelungsinhalte gegenübergestellt und die Möglichkeiten einer etwaigen Reform der deutschen Regelungen erörtert werden. Schließlich soll eine Beschäftigung mit den rechtlichen Rahmenbedingungen einer potentiellen Neuregelung und den Zielanforderungen, die an sie gestellt werden, erfolgen, sodass ein konkreter Reformvorschlag erstellt werden kann.