
Prof. Dr. Martin Eifert, Richter des Bundesverfassungsgerichts, war am 05.05.2025 zu Gast im Juridicum der Rechtswissenschaftlichen Fakultät.
Im Hörsaal fanden sich an diesem Abend nicht nur zahlreiche Studierende, Mitarbeitende, Professorinnen und Professoren der hiesigen Fakultät ein, sondern auch Forschende anderer Universitäten sowie Interessierte aus der Fachwelt.
Die Veranstaltung wurde durch die einleitenden Worte von Prof. Dr. Hinnerk Wißmann eröffnet. Er begrüßte Prof. Dr. Martin Eifert und das Publikum und gab erste Impulse zu dem anstehenden Vortragsthema „Grundrechtswirkung zwischen Privaten und Privatautonomie“. Anlass des Vortrags war eine Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Wirkung der Grundrechte zwischen Privaten im Lichte der Tarifautonomie, welche das Gericht im Februar 2025 vorgelegt hatte.
Im Anschluss ergriff Prof. Dr. Martin Eifert, das Wort. Er erläuterte zunächst in einer kurzen Einführung das Verhältnis der für den Vortrag wesentlichen Parteien des Kollektivarbeitsrechts zueinander und stellte dem Publikum sodann den der Entscheidung zugrunden liegenden Sachverhalt vor.
Das Bundesarbeitsgericht hatte die beklagte Arbeitgeberseite zur Zahlung höherer Nachtschichtzuschläge als tarifvertraglich vereinbar verurteilt, da eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Ungleichbehandlung im Vergleich zu der höher vergüteten unregelmäßigen Nachtarbeit vorliege. Das Gericht nahm damit eine Korrektur nach oben vor. Hiergegen legte die betroffene Arbeitgeberin Verfassungsbeschwerde ein.
Im Kern ging es damit um die Frage, ob die Tarifparteien als Vereinigungen gemäß Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG beim Abschluss von Tarifverträgen an den Allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG gebunden sind.
Das Bundesverfassungsgericht bejahte in seinem Urteil eine solche unmittelbare Drittwirkung vor dem besonderen Hintergrund der rechtsverbindlichen Wirkung der Tarifverträge, die die individuelle Freiheit der Tarifgebundenen nicht nur ausweite, sondern auch gleichzeitig gefährde. Besondere Bedeutung erlangt dieses Urteil unter anderem aufgrund der Vielzahl ähnlicher Fallkonstellationen, in denen sich diese Frage bereits gestellt hatte, die nun durch die Entscheidung einer grundsätzlichen Klärung unterzogen wurden.
Prof. Dr. Martin Eifert zeigte die Urteilsgründe und die Schwächen von Alternativlösungsvorschlägen auf. Zudem ordnete er die Entscheidung mit Blick auf die übergeordnete Frage der Drittwirkung der Grundrechte in die Grundrechtsdogmatik ein. Er legte insbesondere dar, dass die Annahme der unmittelbaren Drittwirkung zunächst vor dem spezifischen Hintergrund des Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG gedacht werden müsse.
Nach dem Vortrag fanden sich zahlreiche Vertiefungsfragen, Anregungen und kritische Anmerkungen zum Vortragsthema zunächst von Seiten der Studierenden und dann auch aus der Reihe der Professorenschaft. Die Diskussionsrunde wurde dabei von Prof. Dr. Nora Markard moderiert.
Erörtert wurde die Verallgemeinerungsfähigkeit der Entscheidung in Bezug auf verschiedene private Akteure. Konkret stand die Überlegung im Raum, ob auch in anderen Konstellationen jenseits der Tarifautonomie eine unmittelbare Drittwirkung der Grundrechte möglich sei. Zudem diskutierte Prof. Dr. Martin Eifert mit dem Publikum, ob nicht auch eine Lösung über die mittelbare Drittwirkung unter Hinzuziehung der Normen des bürgerlichen Rechts möglich gewesen wäre und wie der Fall zu betrachten wäre, wenn sich eine solche Vermittlungsnorm des Zivilrechts hätte finden lassen.
Die Veranstaltung fand im Rahmen der „Münsterischen Gespräche zum Öffentlichen Recht“ statt, die für die Fachgruppe des Öffentlichen Rechts von Prof. Dr. Hinnerk Wißmann und Prof. Dr. Markard organisiert werden.