Aktuelle Herausforderungen des Strafrechts

Am. 26. Juni 2025 nahmen die Studierenden der FFA-Spanisch an einem Internationalen Seminar teil, das aktuelle Herausforderungen im Strafrecht, der künstlichen Intelligenz und der Biomedizin behandelte. Das Seminar wurde von den rechtswissenschaftlichen Fakultäten der Universitäten Zaragoza, Teneriffe, der Autónoma aus Barcelona (Spanien) und der Universität Münster organisiert und auf Spanisch durchgeführt.

Prof. Dr. Fernando Guanarteme Sánchez Lázaro von der Universität Teneriffe widmete sich einer Frage, die bisher als solche bislang kaum ernsthaft angegangen worden ist, nämlich ob es sich bei der Normentheorie von ihren Ursprüngen her und in ihrem Wesen um einen kommunikativen Prozess handelt. Nach seinem Ansatz handelt es sich sowohl bei rechtlichen Normen wie auch und insbesondere bei der Verhängung von Rechtsfolgen um kommunikative Prozesse, die aus Gründen der juristischen Argumentation und der Kriminalpolitik von Interesse sind. Der Beitrag bot einen ersten kommunikationswissenschaftlichen Zugang zur Theorie der Normen.

Dr. María Eugenia Escobar Bravo, Lehrkraft bei der FFA-Spanisch an der Uni Münster, befasste sich mit Autonomen Systemen und künstlicher Intelligenz. Diese sind nicht mehr nur eine Zukunftsvision, sondern bereits ein grundlegender Bestandteil unseres täglichen Lebens. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wer im Falle einer Straftat strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann. Nach einer kompakten Einführung in die technischen und rechtlichen Grundlagen des Themas wurde die Problematik der strafrechtlichen Verantwortlichkeit beim Einsatz von autonomen Systemen am Beispiel verschiedener Anwendungen, seien es Drohnen, Roboter oder Autos, analysiert. Dabei wurde auch der Frage nachgegangen, ob und wie unser heutiges Strafrecht den mit dem Einsatz von künstlicher Intelligenz verbundenen Herausforderungen gerecht werden kann.

Anschließend befasste sich Prof. Dr. Asier Urruela Mora Professor von der Universität Zaragoza in seinem Vortrag mit dem Titel "Artificial Intelligence and criminal dangerousness" (Künstliche Intelligenz und strafrechtliche Gefährlichkeit) mit den Auswirkungen von Algorithmen zur Vorhersage der strafrechtlichen Gefährlichkeit im Rahmen von Strafverfahren, insbesondere bei der Festsetzung des Strafmaßes. Der Vortrag konzentrierte sich auf das in den USA vorherrschende Modell, wo prädiktive Algorithmen, von denen einige KI verwenden (der bekannteste ist COMPAS), häufig bei der Strafzumessung eingesetzt werden. Ziel des Vortrages war es, die zahlreichen Auswirkungen des Einsatzes von prädiktiven Algorithmen nicht nur auf der Ebene des Strafverfahrens, sondern auch auf der Ebene des materiellen Strafrechts aufzuzeigen.

Der Vortrag des Doktoranden Daniel Boldova Marzo analysierte, wie sich die Verallgemeinerung von Risikobewertungsinstrumenten auf das strafrechtliche Modell der Schuld auswirken kann. Das Modell der strafrechtlichen Verantwortlichkeit, das auf einer retrospektiven Bewertung des schuldhaften Fehlverhaltens beruht, könnte durch die Einbeziehung von KI-Algorithmen, die prospektive Risikoprognosen erstellen, verändert werden. Folglich könnte sich das derzeitige Modell der strafrechtlichen Verantwortlichkeit in Richtung einer präventiven Logik wandeln, die sich auf die Gefährlichkeit von Straftätern konzentriert („Gewaltrisikobewertung“).

Prof. Dr. Aranzta Libano Beristain von der Universität Autónoma Barcelona, befasste sich mit Melde- und Aufzeichnungssystemen für unerwünschte Ereignisse. In der medizinischen Praxis sind diese Instrumente, mit denen die Angehörigen der Gesundheitsberufe aus Fehlern lernen und sie in Zukunft vermeiden können, bereits sehr verbreitet. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurden solche Systeme auf Drängen der WHO in den Industrieländern eingeführt. Die Umsetzung solcher Systeme erfordert jedoch Modifikationen im strafrechtlichen und verfahrensrechtlichen Bereich, wie zahlreiche Beispiele aus der Rechtsvergleichung zeigen. Der Beitrag beleuchtete die wichtigsten Fragen, die die Einführung von Meldesystemen im Gesundheitsbereich auf der Verfahrensebene aufwirft.

Die Vortragsreihe schloss mit einem Beitrag von Prof. Dr. Emilio José Armaza Armaza von der Universidad de Deusto. Er referierte darüber, wie Fortschritte in der Neurowissenschaft die klassische Vorstellung von strafrechtlicher Verantwortung in Frage stellen, indem sie zeigen, dass Verhalten biologisch bedingt sein kann. Er schlug vor, die Bestrafung zu überdenken und sie mehr auf Rehabilitation als auf Vergeltung auszurichten. Darüber hinaus argumentierte er, dass die rechtliche Identität des Individuums überarbeitet werden muss, wenn die moralische Autonomie nicht vollständig ist.

Neben den Teilnehmern der Universität Münster nahmen auch verschiedene Studierende von Hochschulen wie der Fachhochschule Münster, sowie Studierende aus Venezuela von der Universidad Católica Andrés Bello (UCAB), der Universidad Nacional Rómulgo Gallegos (UNERG) und der Universidad Central de Venezuela (UCV) online teil.

Die Teilnehmenden haben rege von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die vorgestellten Themen zu diskutieren.