23. November 2021, 14.00-15.30 Uhr, Hörsaal F5
Auf digitalen Plattformen und unter der Kontrolle der diese betreibenden Unternehmen werden Grundfragen unserer Gesellschaft ausgehandelt. Private Regelungsstrukturen wirken dort zusammen mit staatlicher Regulierung in neuen, gemischten Formen der Governance von Onlinekommunikation. Private AGB, Gemeinschaftsstandards und Durchsetzungssysteme stehen dabei wegen ihres wahrgenommenen Legitimationsdefizits und der Nichteinhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien in der Kritik.
Im Auftrieb sind derzeit institutionelle Lösungsansätze, die eine externe Kontrolle ermöglichen oder sogar als „verlängerter Arm“ der pluralistischen Demokratie Verbesserungen in privaten Ordnungssystemen anstoßen sollen. In ihrer gemeinsamen Stellungnahme zu Digitalisierung und Demokratie forderten jüngst etwa die Akademien der Wissenschaften eine Verpflichtung von Plattformbetreibern, „an den Entscheidungen über Prinzipien und Verfahren der Kuratierung von Inhalten ein von ihnen finanziertes, jedoch unabhängiges und pluralistisch besetztes Gremium mit verbindlicher Entscheidungsbefugnis zu beteiligen, das aus Vertreterinnen und Vertretern staatlicher und zivilgesellschaftlicher Stellen sowie aus Nutzerinnen und Nutzern besteht“ .
Brauchen wir also neue “Institutionen”, neue Gremien oder Beiräte, die bessere Regeln für komplexe privat-öffentliche Regulierungsregime entwickeln und durchsetzen? Welche Modelle sind hier denkbar und sinnvoll? Inwieweit tragen Analogien zu bisherigen institutionellen Ansätzen der Mediengovernance, etwa zu Co-Regulierungseinrichtungen des NetzDG oder zu den Rundfunk- und Fernsehräten öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten? Was taugen bisherige private Initiativen für neue Institutionen – etwa Facebooks Oversight Board, das über das Deplatforming Trumps entschied, aber auch im letzten Jahr eingerichtete Beiräte von Twitter, Twitch und TikTok? Handelt es sich dabei um die „Konstitutionalisierung“ privater Räume im Netz, oder verstellen derartige Metaphern nur den Blick auf die wahren Gefahren und Potentiale solcher Institutionen im Kontext der Plattformökonomie?
Panelist:
Martin Fertmann, Universität Hamburg/Hans-Bredow-Institut.
Martin Fertmann erforscht am Zentrum für das Recht in der Digitalen Transformation der Universität Hamburg und am Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut die Macht digitaler Plattformunternehmen und die Möglichkeiten für deren Einhegung durch internationale Menschenrechtsstandards. Sein Forschungsschwerpunkt sind institutionelle Lösungsansätze wie das von Facebook (Meta) eingerichtete Oversight Board.
Moderation:
Eva Maria Bredler, Westfälische-Wilhelms Universität Münster
Ablauf:
Die Veranstaltung wird unter Einhaltung der 3G-Regeln durchgeführt; die Nachweise werden am Hörsaaleingang kontrolliert. Das Tragen einer medizinischen Maske wird dringend empfohlen. Die Veranstaltung wird nicht aufgezeichnet.