"May it please the Court." - Erfahrungsbericht zum Jessup Moot Court

Darf Staatenlosigkeit eine Strafe als Antwort auf Umweltproteste und Majestätsbeleidigungen sein? Kann sich jeder Staat an den Internationalen Gerichtshof (IGH) wenden, wenn er glaubt, zentrale Elemente eines Vertrages wurden verletzt? Muss jedes Land „Golden Passports“ anerkennen? Inwieweit kann der UN-Sicherheitsrat in die internen Angelegenheiten eines Staates eingreifen?

Um diese vier spannenden und aktuellen Fragen des internationalen Rechts drehte sich der Philip C. Jessup International Law Moot Court 2024, an dem die Universität Münster von August 2023 bis März 2024 teilnahm. Dabei handelt es sich um den traditionsreichsten, renommiertesten und größten studentischen Moot Court weltweit. Er wird seit 1959 ausgetragen und inzwischen nehmen jährlich Studierende von knapp 700 Universitäten aus ungefähr 100 Ländern der Welt teil.

Der Jessup Moot Court besteht aus einem simulierten Gerichtsverfahren vor dem IGH, das einen völkerrechtlichen Rechtsstreit zwischen zwei fiktiven Staaten zum Gegenstand hat. Die teilnehmenden Teams vertreten anwaltlich sowohl die Antragsteller- als auch die Antraggegnerseite. Die teilnehmenden Studierenden müssen zunächst Schriftsätze ausarbeiten und Mitte Januar vorlegen. Ungefähr sechs Wochen nach der Abgabe der Schriftsätze treten die Teilnehmer*innen bei der nationalen Vorrunde in mündlichen Verhandlungen gegeneinander an. Die Rolle der Richter*innen übernehmen dabei Professor*innen, Anwält*innen und andere Praktiker*innen, darunter auch Richter*innen des IGH und anderer internationaler Gerichte.

Nach einem ersten Kennenlernen des Völkerrechts im Sommer 2023 begann mit Veröffentlichung des Sachverhaltes Mitte September dann rasch die intensive Auseinandersetzung mit den Fragestellungen. Dabei haben wir (Anika Flämig, Sofie von den Hoff, Simon Große-Bley, Katharina Christöphler) unter der Anleitung unserer Coaches Leonie Brinkmann und Eva Janke nicht nur die Wirrungen des internationalen Rechts erforscht, sondern auch gelernt, rhetorisch und argumentativ einen Standpunkt zu vertreten. Egal ob ihr schon immer einmal Menschenrechtsanwält*in oder Devil’s Advocate spielen wolltet, der Jessup gibt euch die Möglichkeit, verschiedene Positionen auszuprobieren und die Liebe für das Argumentieren zu entdecken.

Dabei haben wir im Jessup vor allem das gelernt, was im Jurastudium zu kurz kommt: rhetorische Fähigkeiten, eigenständige tiefergehende Fallrecherche, nicht nur das Reproduzieren, sondern das Bilden von Meinungen, Teamarbeit und Kooperation und natürlich ein vertieftes Spezialwissen in Nischengebieten. Nebenbei hatten wir natürlich auch viel Spaß und bereichernde Erfahrungen. Wir sind zum Beispiel zusammen nach Den Haag gefahren. Dort hatten wir die Möglichkeit, den IGH und den Internationalen Strafgerichtshof zu besuchen und mit Menschen ins Gespräch zu kommen, die in diesen renommierten Institutionen arbeiten. Zusätzlich haben wir noch Einblicke in die Arbeit der deutschen Botschaft bekommen, die in Den Haag vor allem auch für die internationalen Verfahren vor den Gerichten zuständig ist. Auch bei unserer Reise nach Berlin hatten wir hilfreiche Probepleadings unter anderen im Justizministerium in der Abteilung für Menschenrechte, aber auch mit vielen Praktiker*innen, die uns tolle neue Perspektiven auf unsere Argumentation vermitteln konnten. Auch rhetorisch hatten wir hier die Möglichkeit, mit einem Coach zusammenzuarbeiten, um an unserem Auftreten (von Gesten über Mimik bis zum Stand) und unserer Betonung zu arbeiten. Unser Dank gilt hierbei aber auch den Kanzleien in Düsseldorf, Frankfurt und Köln, die durch das Veranstalten von Probepleadings unsere Plädoyers erheblich weitergebracht haben.

Diesmal hatten wir das Glück, dass die National Rounds in Münster unter der Leitung von Max Milas und Konrad Schilling stattfanden. Nach mehreren Tagen intensiver Pleadings konnten wir die National Rounds mit einem Einzug in das Viertelfinale erfolgreich abschließen. Bei schönen Abendveranstaltungen hatten wir die Möglichkeit, auch die anderen 17 Teams aus Deutschland kennenzulernen.

An dieser Stelle möchten wir uns beim Freundeskreis Rechtswissenschaft sowie dem Förderverein Fachschaft Jura für die großzügige finanzielle Unterstützung bedanken. Auch den Kanzleien Noerr, GÖRG, Hoffmann Liebs sowie Heuking Kühn Lüer Wojtek gilt unser Dank für die finanzielle Hilfe. Ein besonderer Dank gilt zudem den Lehrstühlen von Professor Fowkes, Professorin Markard und Professorin Hailbronner, die uns mit ihren Probepleadings sehr weitergeholfen haben. Ohne Ihre Unterstützung wäre die erfolgreiche Teilnahme an den National Rounds nicht möglich gewesen. 

Im Juni beginnt die Bewerbungsphase für den Jessup Moot Court 2024/2025. Die Themen werden voraussichtlich im April durch die International Law Students Association (ILSA) bekanntgegeben. Informationen zum Jessup Moot Court finden sich auf der Homepage von ILSA, der Website des Lehrstuhls von Prof. Dr. Petersen sowie bald im entsprechenden Learnweb-Kurs. Fragen zum Jessup Moot Court können jederzeit an Leonie Brinkmann (brinkmann@uni-muenster.de) gerichtet werden.