Man sagt, es gebe irgendwo in den Untiefen der AUB hinter allen Fluren und Winkeln ein verborgenes Büro. Eines Morgens verirrte sich ein mutiger Bediensteter der Universität zu diesem Büro, um die Mülleimer zu leeren. Als er die Türe öffnete, bot sich ihm der Anblick von vier umnachtete Gestalten, vermutlich Studenten. Sie starrten ihn aus großen Augen mit noch größeren Augenringen an. Der Bedienstete fragte sich, was den Studenten wohl wiederfahren war.
Des Rätsels Lösung: Die „ELSA Moot Court Competition on WTO Law“. Die Studenten übernehmen die Rollen der Vertreter zweier Staaten – „Complainant“ und „Respondent“ – im Streitschlichtungsverfahren der WTO. Ziel ist es, im Wettbewerb mit Universitäten der ganzen Welt zum vorgegebenen Fall zunächst mit einem Schriftsatz und anschließend in der mündlichen Verhandlung zu überzeugen. In diesem Jahr ging es hauptsächlich um die Vereinbarkeit eines regionalen Freihandelsabkommens zwischen Entwicklungsländern und einem „Least Developed Country“ mit dem WTO-Recht.
Nachdem wir uns die Grundlagen des allgemeinen Völkerrechts und des Welthandelsrechts erarbeitet hatten, galt es, den Problemen des Falles mit einer stichhaltigen Argumentation zu begegnen. Dafür arbeiteten wir uns zunehmend tiefer in das WTO-Recht ein. Dies führte unter anderem dazu, dass sich nach ein paar Wochen etwa der halbe Bücherbestand des RWS zum Welthandelsrecht in unserem Büro befand. Mit wachsendem Verständnis wurden alte Lösungsansätze verworfen und neue Probleme entdeckt. Unser Coach Patrick Wasilczyk vom Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht übernahm derweil die Aufgabe, regelmäßig unsere neu verfassten Entwürfe zu lesen und diese in zahlreichen Besprechungen der endgültigen Fassung näher zu bringen.
In der mündlichen Phase des Moot Courts standen wir vor der Herausforderung, die ausgefeilten Argumente der Schriftsätze für die Verhandlung vor dem sogenannten „Panel“ aufzubereiten. Es kam darauf an, innerhalb der 45-minütigen Redezeit die teils sehr umfangreichen Ausführungen präzise und nachvollziehbar vorzutragen, denn jede Unklarheit würde zu kritischen Nachfragen führen. Zudem musste souveränes Auftreten in fremder Umgebung geübt werden, wozu wir unter anderem die Kanzlei CMS Hasche Sigle auf Einladung von Herrn Müller-Sartori in Köln besuchten. Schließlich war es Anfang März an der Zeit für uns, zur europäischen Regionalrunde nach Cluj-Napoca in Rumänien zu reisen, wo wir sehr herzlich durch die studentischen Organisatoren von ELSA empfangen wurden. Neben den Verhandlungen blieb auch noch Zeit, die anderen Teams kennenzulernen, gemeinsam etwas zu unternehmen und die Stadt zu besichtigen.
Die Teilnahme an einem Moot Court ist eine wertvolle Erfahrung, die man im herkömmlichen Studium der Rechtswissenschaften nicht macht. Da die Leistung vollkommen freiwillig erbracht wird, arbeitet man umso intensiver und ehrgeiziger auf das selbst gesetzte Ziel hin. Durch die Arbeit als Team müssen die eigenen Ansätze ständig reflektiert und aufkommende Unstimmigkeiten gelöst werden.
Unser Dank gilt insbesondere dem Freundeskreis Rechtswissenschaft, ohne dessen finanzielle Unterstützung die Durchführung des Moot Courts nicht möglich gewesen wäre und allen weiteren zahlreichen Unterstützern für ihr inhaltliches Feedback.
Insa Ellerbroek, Veronica Overbeck, Mark Luboschik und Philip Steitz
(c) Fotos: ELSA International