Münsteraner Gespräche zum Umwelt- und Planungsrecht

Die neue Bauordnung in Nordrhein-Westfalen

 

Am 8. Mai 2019 fanden bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr die Münsteraner Gespräche zum Umwelt- und Planungsrecht in Kooperation des Instituts für Umwelt- und Planungsrecht (IUP) und des Zentralinstituts für Raumplanung an der Universität Münster (ZIR) statt. Thema der aktuellen Veranstaltung war die neue Bauordnung in Nordrhein-Westfalen, welche am 1. Januar 2019 in Kraft getreten ist und angesichts vielfältiger und umfangreiche Änderungen Anlass zu Diskussionen bot. Wesentliche Motive für die Novellierung waren Beschleunigung und Kostenreduzierung von Bauvorhaben, die Förderung von Wohnungsbau und Nachverdichtung und nicht zuletzt eine Angleichung an die Musterbauordnung, um so eine Vereinheitlichung der Länderregelungen zu erzielen.

Im Anschluss an die Begrüßung durch Prof. Dr. Hans D. Jarass (LL.M), Geschäftsführender Direktor des Zentralinstituts für Raumplanung, stellte Dr. Alexander Petschulat, Justiziar der Ingenieurkammer-Bau Nordrhein-Westfalen aus Düsseldorf, zunächst die langwierige Genese der Novellierung dar und erläuterte im Weiteren ausgewählte Neuregelungen aus der Sicht der Ingenieurkammer. Im Anschluss daran präsentierten Rudolf Graaff, Beigeordneter des Städte- und Gemeindebundes Nordrhein-Westfalen aus Düsseldorf, einige Änderungen aus kommunaler Perspektive und wies in diesem Zuge auf sich abzeichnende Unstimmigkeiten und bestehenden Nachbesserungsbedarf hin.

    

Beide Vorträge sowie die anschließende Diskussion, die durch Prof.´in Dr. Sabine Schlacke, Geschäftsführende Direktorin des Instituts für Umwelt und Planungsrecht, geleitet wurde, brachten zahlreiche offene Fragestellungen zutage. Diskussionsbedarf wurde insbesondere angesichts des neu eingefügten referenziellen Baugenehmigungsverfahrens in § 66 Abs. 5 BauO gesehen, welches eine abgeleitete Genehmigung für serielle Bauvorhaben vorsieht, soweit diese einem zuvor genehmigten Referenzgebäude entsprechen. Es sei weder hinreichend geklärt, wann eine solche Entsprechung vorliege, noch welcher Natur die abgeleitete Baugenehmigung sei oder wie sich eine Aufhebung der ursprünglichen Genehmigung auf die Nachfolgevorhaben auswirke. Probleme ergäben sich zudem angesichts der erweiterten Genehmigungsfreiheit für Abrissvorhaben. Mangels Anzeigeverfahren sei zu befürchten, dass zuständige Behörden keine Kenntnis von entsprechenden Vorhaben erlangten und beispielsweise immissionsschutzrechtliche oder denkmalschutzrechtliche Anforderungen nicht hinreichend berücksichtigt würden. Im Rahmen der eingeführten Rücknahmefiktion des § 71 Abs. 1 BauO sei zudem fraglich, welcher Rechtsnatur der Hinweis der Behörde zur Unvollständigkeit des Bauantrags sei. Ob es sich dabei tatsächlich, wie vom Ministerium in der Handlungsempfehlung zur Bauordnung befürwortet, um einen Verwaltungsakt handle mit der Möglichkeit, Anfechtungsklage zu erheben, müsse noch abschließend geklärt werden. Insgesamt herrschte Einigkeit dahingehend, dass – über diese exemplarisch aufgelisteten Punkte hinaus – an vielen Stellen der Bauordnung Nachbesserungsbedarf bestehe. Es wird abzuwarten sein, inwieweit die für den 1. Januar 2020 geplante erneute Novellierung entsprechende Vorschläge aufgreift und Klarheit schaffen kann.