Im Rahmen des Forschungsprojektes „SAFE – Schusswaffengebrauch im Polizeidienst: Rechtliche Rahmenbedingungen, Eskalationsdynamiken und Ansätze zur Prävention“ fand am Lehrstuhl für Kriminologie ein Expert*innenworkshop zum Thema des polizeilichen Schusswaffengebrauchs statt. Dieses aktuell viel diskutierte Thema, zuletzt am Beispiel des in Oldenburg erschossenen Lorenz A., wurde aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet und bisheriges Wissen wurde zusammengeführt und erörtert.
Zunächst stellten Dr. Anabel Taefi von der Hochschule der Akademie der Polizei Hamburg und Laura Schmitz von der Universität Münster, die unterschiedlichen Dimensionen des Schusswaffengebrauchs und das Forschungsvorhaben des Projektes SAFE vor. Anschließend folgten zwei Vorträge zu den in Deutschland vorhandenen Datengrundlagen zum polizeilichen Schusswaffengebrauch. Robin Schmidt, in Stellvertretung des PTI der DHPol, erläuterte die dort im Auftrag der IMK erstellte Statistik. Er kam zu dem Ergebnis, dass die in der Statistik enthaltenen Daten nicht ausreichen, um die unterschiedlichen Interessenbelange abzudecken. Dies gilt insbesondere für einen Wissensgewinn der Polizei, um eigene Handlungskonzepte und Präventionsmaßnahmen aufzubauen.
Es folgte ein Impulsvortrag von Mathias Monroy von CILIP, der die frei zugängliche Datenbank „Polizeiliche Todesschüsse“ vorstellte. Diese zivilgesellschaftliche Datenbank stellt eine unabhängige Alternative zur IMK-Statistik dar, indem sie Fälle tödlicher polizeilicher Schussabgaben auf Basis von Medienrecherchen erfasst und kategorisiert. Dabei wurde das Problem der Methodik der Medienauswertung diskutiert.
Im Anschluss folgten zwei Impulsvorträge zur empirischen Polizeiforschung. Zunächst stellte Laila Abdul-Rahman Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt KviAPol vor, mit einem besonderen Fokus auf den Erkenntnisgewinn für die Erforschung des polizeilichen Schusswaffengebrauchs aus einer rechtlichen Perspektive. Ein zentraler Aspekt war die Unterscheidung eines polizeilichen Maßstabes und eines rechtlichen Maßstabes sowie die Fiktion der Eindeutigkeit rechtlicher Legalität. Der zweite Vortrag zur empirischen Erforschung erfolgte durch Prof. Dr. Anna Nassauer, die Erkenntnisse ihrer Videoanalysen von Fällen des polizeilichen tödlichen Schusswaffengebrauchs in den USA vorstellte. Ein besonderes Augenmerk lag auf der Verbindung von situativen Faktoren, die einen Schusswaffengebrauch begünstigen, mit bereits vor dem Einsatz bestehenden (impliziten) rassistischen Vorurteilen.
Den letzten Vortrag hielt Prof. Dr. Thomas Feltes, der über die rechtlichen, aber auch praktischen Herausforderungen des Polizeieinsatzes mit Menschen in einer psychischen Ausnahmesituation referierte und daraus Handlungsempfehlungen für den polizeilichen Einsatz ableitete, die auch der Prävention des polizeilichen Schusswaffengebrauchs dienen.
Der Workshop verdeutlichte den Bedarf an weiterer Forschung in Deutschland zu den Faktoren des polizeilichen Schusswaffengebrauchs – darunter Merkmale der schießenden Polizeikräfte, situative Dynamiken, räumliche Umgebung sowie Dispositionen der betroffenen Personen. Solche empirischen Erkenntnisse sind notwendig, um wirksame Präventionsansätze zu entwickeln. Auch die rechtliche Verhandlung von Fällen des polizeilichen Schusswaffengebrauchs stellt dabei einen zentralen Aspekt dar, da sie das Vertrauen in unabhängige Ermittlungen wesentlich berührt. Wir bedanken uns für die spannenden und erkenntnisreichen Impulsvorträge und den Austausch.