Ergänzendes Studienangebot "Familienrecht" an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
Das Institut für deutsches und internationales Familienrecht bietet für Studierende der Fakultät seit dem WS 2015/16 ein Zertifikat im Familienrecht an. Es kann nach dem Grundstudium entweder im Rahmen des Schwerpunktbereichs 5 (Rechtsgestaltung und Streitbeilegung) oder auch isoliert studiert werden. Voraussetzungen für den Erwerb des Zertifikats sind der Besuch von drei Vertiefungsvorlesungen und das Bestehen der jeweiligen Abschlussklausur. Der Einstieg ist im Winter- und Sommersemester möglich. Hier finden Sie einen Studienverlaufsplan.
Zum Hintergrund
Das Familienrecht hat eine hohe praktische Bedeutung und bietet somit viele berufliche Möglichkeiten. Es gibt in Deutschland über 9000 Fachanwälte im Familienrecht. Sie werden nicht zuletzt deshalb benötigt, weil jährlich ca. 170.000 Ehen geschieden werden. Für jedes Scheidungsverfahren herrscht Anwaltszwang. Insgesamt werden allein im Bezirk des OLG Hamm jedes Jahr insgesamt über 80.000 Familienrechtssachen erledigt. Wer überlegt, einen Berufsweg mit familienrechtlicher Ausrichtung einzuschlagen, kann seine Einstiegschancen durch die Belegung des Zertifikats signifikant verbessern.
Zum Inhalt
Das Zertifikat deckt das Familienrecht in seiner gesamten Breite ab. Ausgenommen ist nur das Betreuungsrecht.
Gegenstand der ersten Vorlesung ist das Eherecht. Zentral ist hierbei das Güterrecht. In der Regel leben Ehepaare im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Sind die Ehegatten vermögend, muss ein Zugewinnausgleich nach Beendigung der Ehe erfolgen. Schwierig kann die Berechnung der Ausgleichsansprüche etwa werden, wenn die Ehegatten ein Unternehmen geführt haben. Kann daneben ein Ehegatte seinen Unterhalt nach der Scheidung nicht selbst verdienen, kommen Fragen des nachehelichen Unterhalts hinzu. Es ist insofern oft sinnvoll, mit Eheverträgen vorab Lösungen zu vereinbaren, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden. Die Voraussetzungen und möglichen Inhalte von Eheverträgen, sowie deren Sinnhaftigkeit für bestimmte „Ehetypen“ werden einen zentralen Gegenstand der Vorlesung bilden.
Bei der Scheidung werden auch die Versorgungsanwartschaften (z.B. Rentenansprüche), die während der Ehe erworben wurden, in der Regel von Amts wegen gleichmäßig zwischen den Geschiedenen aufgeteilt. Im Einzelnen ist die Funktionsweise dieses „Versorgungsausgleich“ äußert kompliziert. In der Vorlesung wird darüber nur ein Überblick verschafft.
Neben dem für Menschen verschiedenen Geschlechts anerkannten Rechtsinstitut der Ehe, gibt es für gleichgeschlechtliche Paare seit Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes 2001 die Möglichkeit eine Lebenspartnerschaft zu begründen. Mit bereits 35.000 eingegangenen Lebenspartnerschaften bis 2013 wird die Relevanz deutlich. Nach aktueller Rechtslage sind Ehen und Lebenspartnerschaften in vielerlei Hinsicht sehr ähnlich gelagert, aber noch nicht gleichgestellt und verdienen somit eine gesonderte Betrachtung.
Bei etwa der Hälfte der Ehescheidungen sind zudem minderjährige Kinder betroffen. Nicht immer können sich die Eltern einigen, wo diese nach der Scheidung leben sollen oder sie sehen sich nicht in der Lage, die Sorge weiter gemeinsam auszuüben.
Daher beschäftigt sich die zweite Vorlesung mit dem Kindschaftsrecht. Hier werden Kenntnisse der materiell-rechtlichen Grundlagen, insbesondere der elterlichen Sorge, vermittelt.
Fast 350.000 Kinder (ca. 35 %) werden jährlich außerhalb einer Ehe geboren. Dann muss zunächst geklärt werden, wer die rechtliche Vaterstellung einnimmt. Ob der Vater die Sorge gemeinsam mit der Mutter ausübt, muss ebenfalls im einzelnen Fall geregelt werden.
Aktuelle Probleme, die den Gesetzgeber und die Gerichte einschließlich des Bundesverfassungsgerichts in den letzten Jahren immer wieder beschäftigt haben, befassen sich mit den Grenzen der elterlichen Sorge. Wann dürfen Eltern die Beschneidung eines Kindes vornehmen lassen? Wann kann ein Kind, das sich selbst gefährdet, gegen seinen Willen in einer Klinik untergebracht werden?
Besonders belastende Fragen stellen sich, wenn Eltern ihre Kinder nicht richtig versorgen oder es misshandeln. In weit über 10.000 Fällen im Jahr muss den Eltern die Sorge für ihr Kind entzogen werden. Zu den Voraussetzungen dafür hat das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2014 gleich vielfach entschieden – denn selbst wenn die Gefahr für das Kind in manchen Fällen offen erkennbar ist, müssen wegen des erheblichen Grundrechtseingriffs (Art. 6 Abs. 2 GG) hohe verfahrensmäßige Anforderungen eingehalten werden.
Einen weiteren Schwerpunkt der Vorlesung bildet das Verfahren vor dem Familiengericht nach dem FamFG. Denn nicht nur bei den soeben erwähnten Eingriffen des Staates in die elterliche Sorge, sondern auch wenn die Eltern in Streit über die Ausübung der elterlichen Sorge geraten oder ein Elternteil gar das Umgangsrecht des anderen ausschließen will, ist das Verfahren von kaum zu überschätzender Bedeutung. In der Vorlesung wird vermittelt, welche Möglichkeiten zur Ausgestaltung des Verfahrens vor dem Familiengericht bestehen, um möglichst eine Befriedung zwischen den Eltern zu erreichen. und dem Kind so die Möglichkeit eines unbelasteten Kontakts zu beiden Eltern zu ermöglichen.
Die dritte Vorlesung behandelt weitere wichtige Gebiete des Familienrechts: Abstammung, Kindesunterhalt, Adoption und Gewaltschutz.
Zuletzt waren vor allem die modernen Fortpflanzungsmethoden Gegenstand wichtiger Gerichtsentscheidungen und anhaltender Debatten. Wann darf das Kind die Identität des Samenspenders erfahren? Kann dieser gegen seinen Willen zum rechtlichen Vater werden, und muss er dann Unterhaltsleistungen erbringen? Sollte auch die Eizellenspende legalisiert werden? Und wie geht man damit um, wenn Kinder im Ausland mittels Eizellenspende und/oder Leihmutterschaft geboren worden sind? Hier entstehen spannende Fragen der Abstammung, aber auch des Adoptionsrechts.
Auch der Kindesunterhalt ist Gegenstand vieler familienrechtlicher Streitigkeiten. Lebt die Familie zusammen, stellt sich die Frage nach dem Unterhalt für minderjährige Kinder nicht. Trennen sich die Eltern hingegen oder leben gar nicht erst zusammen, ist der Elternteil, welcher das Kind nicht in seiner Obhut hat, zur Leistung von Kindesunterhalt in Geld verpflichtet. Dieser ist zwar gesetzlich vorgeschrieben, doch es ergeben sich in Abhängigkeit vieler Faktoren einige Besonderheiten. Wie viel darf der Leistende im Zweifel selbst behalten? Wer bekommt wie viel, wenn es mehrere Kinder aus mehreren Beziehungen gibt? Auch kann ein Kind trotz Volljährigkeit unterhaltsberechtigt sein. Hier fragt sich dann z.B., wie lange es studieren und wie oft es die Ausbildung wechseln darf, ohne dass es seinen Unterhaltsanspruch verliert.
Qualitätsbericht der Familiengerichte vom 11.11.2014 / Statistischen Bundesamt (PDF-Datei).
Anmeldung
Anmeldung für Teilnehmer, die nur das Zertifikat erwerben wollen
Für die Zertifikatsteilnehmer ist keine generelle Anmeldung erforderlich. Gleichwohl ist eine Anmeldung für die Klausuren nötig. Diese erfolgt per E-Mail an Frau Nicole Strack (nicole.strack@uni-muenster.de) unter Angabe von Name, Matrikelnummer und der jeweiligen Klausur.
Die Anmeldefrist endet - wie auch bei den Schwerpunktbereichen - immer am Montag vor der Woche, in der die Klausur geschrieben wird.
Anmeldung für Studierende des Schwerpunktbereiches 5
Wenn Sie im Rahmen der Schwerpunktbereichsausbildung an den für das Zertifikat Familienrecht relevanten Klausuren teilnehmen, ist eine darüber hinausgehende Anmeldung für das Zertifikat nicht erforderlich. Falls Sie die Klausuren „Vertragsgestaltung im Eherecht“, „Kindschaftsrecht: Materielle Grundlagen und Verfahren nach dem FamFG“ und „Abstammung, Kindesunterhalt, Adoption und Gewaltschutz“ nicht als Wahlpflichtfach belegen sollten, hierfür also nicht über WiLMa II registriert werden, melden Sie sich bitte für diese Klausuren per E-Mail an nicole.strack@uni-muenster.de unter Angabe von Name, Matrikelnummer und der jeweiligen Klausur an.
Wie bekomme ich das Zertifikat?
Wenn Sie alle drei Klausuren bestanden haben, erfolgt die Verleihung des Zertifikates Familienrecht auf Antrag bei Frau Nicole Strack (E-Mail: nicole.strack@uni-muenster.de). Als Nachweis, dass Sie die Klausuren bestanden haben, legen Sie bitte einen WiLMa II - Notenausdruck oder die jeweiligen Klausuren vor. Das Zertifikat Familienrecht weist die drei Einzelnoten separat aus, sie werden nicht zusammengerechnet.
Flyer Zertifikat Familienrecht (PDF-Datei)