"Fritz Bauer oder Auschwitz vor Gericht"
Lesung und Diskussion mit Dr. Ronen Steinke im Rahmen der Vorlesung „Kultur und Wissenschaft im Nationalsozialismus“ an der WWU Münster
Ort und Zeit: Donnerstag, 26. November 2020, 10.00 Uhr - Zoom
Wir freuen uns sehr, Dr. Ronen Steinke (virtuell) in Münster begrüßen zu dürfen! Dr. Ronen Steinke ist Jurist, Redakteur bei der Süddeutschen Zeitung und Autor.
Am Donnerstag, 26.11.2020 um 10:00 Uhr wird er für uns im Rahmen einer Lehrveranstaltung am Fachbereich Geschichte aus seinem Buch „Fritz Bauer oder Auschwitz vor Gericht“ lesen, das sich mit einem der spannendsten Kapitel unserer (Rechts-)Geschichte auseinandersetzt:
1963 dringt das Wort „Auschwitz“ mit Wucht in deutsche Wohnzimmer. Gegen 22 ehemalige NS-Schergen wird Anklage erhoben, in Frankfurt beginnt ein Mammutprozess. Ein Mann hat diesen Prozess gegen enorme Widerstände auf den Weg gebracht: Fritz Bauer, Generalstaatsanwalt in Hessen. Er kämpft für die Aufklärung von NS-Verbrechen.
Kein anderer Jurist wird in dieser Zeit so heftig angefeindet und ausgegrenzt. Und aus heutiger Sicht muss man sagen: Kein anderer ist auch so wirkungsvoll. Er bringt sein Land zum Sprechen, seine Zunft erzürnt er: „Wenn ich mein Büro verlasse, betrete ich feindliches Ausland“, so beschreibt er einmal seine Lage.
Der Mann, der die Deutschen mit ihrer Geschichte konfrontiert, hat dabei selbst eine faszinierende, kaum bekannte Geschichte. Fritz Bauer, Sozialdemokrat jüdischer Herkunft, der nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 verhaftet und ins Konzentrationslager verschleppt wird, ist ein Exil-Weggefährte Willy Brandts. Von Frankfurt aus jagt er nun auf den Chef-Organisator des Holocaust, Adolf Eichmann, und bringt ihn vor Gericht.
Das Buch wurde in mehrere Sprachen übersetzt und diente u.a. als Grundlage für den mehrfach ausgezeichneten Kinofilm „Der Staat gegen Fritz Bauer“ (u.a. Deutscher Filmpreis 2016, Preis der deutschen Filmkritik 2015).
Wem dieser kleine Einblick Lust auf mehr macht, kann sich (bitte mit einer WWU-E-Mail-Adresse) unter imr.kontakt@uni-muenster.de zur Veranstaltung anmelden und bekommt zur Vorbereitung vorab kurze Auszüge aus dem Buch zugeschickt. Die Veranstaltung richtet sich an Studierende aller Fachrichtungen der Universität Münster, insbesondere an Studierende der Rechts- und Geschichtswissenschaft.
Sie wird organisiert vom Lehrstuhl für Internationalen Menschenrechtsschutz (IMR) von Prof. Dr. Nora Markard in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Neueste Geschichte von Prof. Dr. Isabel Heinemann. Sie findet im Rahmen von Prof. Heinemanns Vorlesung „Kultur und Wissenschaft im Nationalsozialismus“ über Zoom statt.
Die Zoom-Zugangsdaten und das Vorbereitungs-Material erhalten Sie nach der Anmeldung.
Referent:
Dr. Ronen Steinke studierte Rechtswissenschaft an der Bucerius Law School in Hamburg und in Tokio. Sein Referendariat leistete er u.a. beim Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) ab. Seine Dissertation „The Politics of International Criminal Justice. German Perspectives from Nuremberg to The Hague“ erschien 2012 bei Hart; sie wurde in der FAZ als „Meisterstück“ gelobt. Nach der Promotion begann Steinke als Volontär bei der Süddeutschen Zeitung, wo er heute als Redakteur arbeitet. Zunächst im Ressort Außenpolitik tätig, ist er seit 2017 als innenpolitischer Korrespondent in Berlin auf Rechts- und Sicherheitspolitik spezialisiert. Auf die Fritz-Bauer-Biographie folgten weitere Bücher: 2017 erschien „Der Muslim und die Jüdin. Die Geschichte einer Rettung in Berlin“, die Geschichte eines ägyptischen Arztes, der im Berlin der NS-Zeit eine jüdische Familie vor der Ermordung rettete. Steinkes jüngstes Buch „Terror gegen Juden: Wie antisemitische Gewalt erstarkt und der Staat versagt“ erschien im Juli 2020 und verdeutlicht das Ausmaß antisemitischer Gewalttaten in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg.