Die Multifunktionalität von Flächen als Herausforderung für das Raumplanungsrecht

Bericht über das Symposium des Zentralinstituts für Raumplanung an der Universität Münster am 6. November 2023

Raum, Fläche und Boden sind in der Bundesrepublik seit langem vielfältigen Nutzungsan­sprüchen ausgesetzt; gegenwärtig scheint der „Druck auf die Fläche“ aber besondere Ausmaße anzunehmen: Die Befriedigung der Wohnraumbedürfnisse, der weitere Ausbau von Anlagen für erneuerbare Energien, der Verkehrsinfrastruktur und der Leitungsnetze sowie flächenbe­zogene Maßnahmen des Klima- und Biodiversitätsschutzes sowie der Klimawandelanpassung melden derart hohe Flächenbedarfe an, dass fraglich erscheint, ob die immer knapper werden­den räumlichen Ressourcen noch für die unterschiedlichen Nutzungsansprüche ausreichen. Eine „multifunktionale“, d.h. eine gleichzeitige Mehrfachnutzung von Flächen könnte das Gebot der Stunde sein, um die verfügbaren Ressourcen möglichst effizient einzusetzen. Doch wird das Instrumentarium des geltenden Bau- und Planungsrecht diesem Anliegen gerecht? Oder bedarf es womöglich der Fortentwicklung, um einen angemessenen Rahmen für die multifunktionale Nutzung von Flächen bieten zu können? Diesen Fragen wollte das diesjährige Symposium des Zentralinstituts für Raumplanung an der Universität Münster (ZIR) aus reprä­sentativen, grundlegenden wie aktuellen, Blickwinkeln beleuchten und hierdurch Wissenschaft und Praxis miteinander ins Gespräch bringen. Die Veranstaltung fand unter der wissenschaft­lichen Leitung von Prof. Dr. Sabine Schlacke am 6.11.2023 in den Räumlichkeiten der Bezirks­regierung Münster mit rund 100 Teilnehmern aus Verwaltung, Justiz, Anwaltschaft und Wissenschaft statt.

Die Symposien des ZIR werden traditionell durch Berichte über aktuelle Entwicklungen in den Arbeitsbereichen der Bundes- und Landesministerien, die das Institut fördern, eröffnet. Diese Berichte können über den engeren Rahmen des Veranstaltungsthemas hinausgehen.

Aus dem Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) berich­tete Ministerialdirigent Dr. Jörg Wagner über gegenwärtige Gesetzgebungsvorhaben im Be­reich des Städtebaurechts.

Für das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen informierte Ministerialrätin Heike Jaehrling über aktuelle Entwicklungen im Bereich der Landesplanung und des Landesplanungsrechts.

Den Kreis der spezifisch auf das Tagungsthema ausgerichteten Vorträge eröffnete Dipl.-Ing. agr. Bernhard Osterburg vom Thünen-Institut, Braunschweig, der die Ergebnisse der von die­sem Forschungsinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Land­wirtschaft (BMEL) jüngst publizierten Studie „Flächennutzung Flächennutzungsansprüche in Deutschland“ (www.thuenen.de/media/publikationen/thuenen-workingpaper/Thuenen­WorkingPaper_224.pdf.) vorstellte und hiermit das fachliche Fundament für die nachfolgenden juristischen Überlegungen legte.

Aus juristischer Sicht sollte die multifunktionale Nutzung von Flächen im Rahmen des Sympo­siums gesondert für den urbanen und für den ländlichen Raum beleuchtet werden. Im Schwer­punkt letzteren adressierte Rechtsanwältin Dr. Anja Baars, Münster, mit ihrem Vortrag zum Außenbereich.

Möglichkeiten multifunktionaler Flächennutzungen im urbanen Raum beleuchtete sodann Jun.-Prof. Dr. Jacqueline Lorenzen, Universität Bonn.

Zuletzt war der Vortrag von Prof. Dr. Sabine Schlacke darauf gerichtet, die verschiedenen Perspektiven einer multifunktionalen Flächennutzung zu einem „neuen Leitbild des Planungs­rechts“ zusammenzuführen.

Die inhaltliche Breite und die grundsätzliche wie praktische Bedeutung des Veranstaltungs­themas sowie der gehaltenen Vorträge spiegelten sich in den von Prof. Dr. Sabine Schlacke, Prof. Dr. Susan Grotefels, Prof. Dr.-Ing. Christian Jacoby (Universität der Bundeswehr Mün­chen), Stadtdirektor a.D. Stephan Reiß-Schmidt (München) und Prof. Dr. Patrick Hilbert (Uni­versität Münster) moderierten Diskussionen wider. Die Referate sowie Zusammenfassungen der jeweils anschließenden Diskussionen werden in einem Tagungsband versammelt, der in Kürze in der Schriftenreihe des ZIR, den „Beiträge(n) zum Raumplanungsrecht“, im Berliner Lexxion Verlag erscheinen wird.

 

Die Vortragsfolien von Frau Prof. Dr. Schlacke sind hier abrufbar.

Die Vortragsfolien von Frau Jaehrling sind hier abrufbar.