Münsteraner Gespräche, Dezember 2017

Umweltprüfung und BauGB-Novelle

– Münsteraner Gespräche zum Umwelt- und Planungsrecht –

Malte Kramer

Die beiden Münsteraner Forschungseinrichtungen, das Zentralinstitut für Raumplanung (ZIR) sowie das Institut für Umwelt- und Planungsrecht (IUP), luden am 5. Dezember 2017 unter der Überschrift „Umweltprüfung und BauGB-Novelle“ zu einem wissenschaftlichen Austausch ein. Die Veranstaltung, welche im Rahmen der durch beide Institute gemeinsam ausgerichteten Veranstaltungsreihe „Münsteraner Gespräche zum Umwelt- und Planungsrecht“ stattfand, umfasste neben zwei wissenschaftlichen Fachvorträgen eine anschließende Diskussionsrunde, mit rund 40 Teilnehmer.

Nach einer Begrüßung begann Prof. Dr. Sabine Schlacke, Institut für Umwelt- und Planungsrecht, mit einer kurzen thematischen Einführung. Dabei wies sie darauf hin, dass sowohl die UVPG‑ als auch die BauGB‑Novelle jede für sich eine Gesprächsveranstaltung wert gewesen wären, man sich aber für eine Verschränkung beider Novellen entschieden habe. Dabei wolle man sich auf die Wirkungen der Novellen aufeinander konzentrieren. Im Mittelpunkt stünde hierbei der neugeschaffene § 13b BauGB, der für den Städtebau ein Instrument zur Überplanung von Außenbereichsflächen zu Siedlungszwecken beinhalte. Gründe für die Schaffung der gesetzlichen Regelung seien der Wohnbedarf sowie die Grenzen der Innenbereichsentwicklung.

Dr. Joachim Hartlik vom Büro für Umweltprüfungen und Qualitätsmanagement aus Lehrte sowie 1. Vorsitzender der UVP‑Gesellschaft, Paderborn, stellte die Novelle des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVPG) und ihre Auswirkungen auf das Städtebaurecht vor. Dabei legte er zunächst die vielfachen neuen Anforderungen an die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), an die Strategische Umweltprüfung (SUP) und an die Umweltprüfung (UP) aus dem BauGB aufgeteilt nach den Kategorien Verfahren, Inhalt und Akteure dar. Weiterhin benannte er sowohl positive als auch negative Faktoren in Bezug auf die Umsetzung im UVPG, beispielsweise zeigte er als positiv auf, dass die Überwachung von Projekten eingeführt werde, und als negativ, dass die „Bevölkerung“ im UVPG kein eigenes Schutzgut wie in der UVP-Richtlinie darstelle. Defizite zeigte er auch im Hinblick auf die BauGB-Novelle und das beschleunigte Verfahren auf. Hartlik konstatierte gegenläufige Tendenzen im Umwelt- und im Planungsrecht. So fände einerseits eine Verschärfung der Anforderungen an Umweltprüfungen statt, andererseits gäbe es Deregulierungsaktivitäten, die zur Vermeidung oder Umgehung von Umweltprüfungen führten. Er erklärte in seinem Vortrag mehrfach, dass er die Umsetzung der UVP-Richtlinie in Teilen für europarechtswidrig halte. Auch wies er darauf hin, dass die UVP‑Gesellschaft in Bezug auf die BauGB‑Novelle  eine Beschwerde gegen die Bundesrepublik Deutschland bei der Europäischen Kommission eingereicht habe.

Im Anschluss daran hielt Rudolf Graaff, Beigeordneter des Städte- und Gemeindebundes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, einen Vortrag, bei der er die Einbeziehung von Außenbereichsflächen in das beschleunigte Verfahren nach § 13b BauGB darstellte. Graaff wies anfangs auf die Hintergründe hin, die zur BauGB‑Novelle und zur Einführung des § 13b BauGB geführt hätten. Ziel sei die Bekämpfung der Wohnungsnot, die nicht allein über die Verdichtung des Innenbereiches zu erreichen sei. So fehlten allein in Nordrhein-Westfalen bis 2020 400.000 neue Wohnungen. Der Gesetzgeber habe mit der Novelle den Vorschlag der kommunalen Verbände, die aufwendigen Verfahren zu beschleunigen, übernommen. Dabei seien für die Anwendbarkeit des beschleunigten Verfahrens zur Aufstellung eines Bebauungsplanes kumulativ drei Voraussetzungen zu erfüllen: Es muss die Zulässigkeit von Wohnnutzung auf Flächen begründet werden, die Grundfläche darf nicht größer als 10.000 Quadratmeter sein und sie muss sich an im Zusammenhang bebaute Ortsteile anschließen. Die Anwendbarkeit des beschleunigten Verfahrens sei aufgrund der Befristung  zudem auf ein enges Zeitfenster begrenzt. Graaff arbeitete in seinem Vortrag heraus, dass sich im Zusammenhang mit der Anwendung des § 13b BauGB noch viele Detailfragen stellten, die zu klären seien. Er verteidigte die Regelung gegenüber dem Vorwurf der Europarechtswidrigkeit und verwies auf eine Ausnahmevorschrift in der UVP‑Richtlinie, die die nationale Regelung ermöglichen würde.

Zum Abschluss der Veranstaltung hatten die Teilnehmer der Veranstaltung die Gelegenheit zum wissenschaftlichen Austausch im Rahmen einer Diskussionsrunde, die von Prof. Dr. Hans D. Jarass, LL.M., Zentralinstitut für Raumplanung, moderiert wurde. Hierbei zeigte sich erneut, dass das beschleunigte Verfahren nicht nur eine rechtspolitische Fragstellung darstellt, sondern auch viele rechtliche Detailfragen aufwirft, die es zu bewältigen gelte. Insbesondere die Frage der Europarechtswidrigkeit wurde leidenschaftlich diskutiert, letztlich war man sich aber einig, dass diese Frage durch die Europäische Kommission bzw. den Europäischen Gerichtshof (EuGH) geklärt werden müsse.

Zum Schluss bedankte sich Jarass bei den Referenten für die gehaltenen Vorträge sowie bei den Diskussionsteilnehmern, für den lebhaften Austausch. Er zeigte sich erfreut, dass man für die Münsteraner Gespräche zum Umwelt- und Planungsrecht wieder einmal ein Thema aufgegriffen habe, dass sowohl hochaktuell als auch von hohem Interesse für die Fachwelt war.

Die Präsentation von Herrn Dr. Hartlik erhalten Sie hier.