Der Jessup Moot Court besteht aus einem simulierten Gerichtsverfahren vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH), das einen völkerrechtlichen Rechtsstreit zwischen zwei fiktiven Staaten zum Gegenstand hat. Die teilnehmenden Teams vertreten anwaltlich sowohl die Kläger- als auch die Beklagtenseite. Die teilnehmenden Studierenden müssen zunächst Schriftsätze ausarbeiten und vorlegen. Danach treten die Teilnehmer:innen in mündlichen Verhandlungen gegeneinander an. Die Rolle der Richter:innen übernehmen dabei Professor:innen, Diplomat:innen, Anwält:innen und andere Praktiker:innen, darunter auch Richter:innen des IGH und anderer internationaler Gerichte.
Sowohl die Schriftsatzphase als auch die mündliche Phase werden komplett auf Englisch absolviert. Damit erarbeiten die Teilnehmer:innen nicht nur profunde völkerrechtliche Kenntnisse, sondern erweitern auch ihre Englischkenntnisse. Darüber hinaus trainieren die Studierenden Fähigkeiten, die im Studium sowie im gesamten Berufsleben sehr nützlich sind. In der Schriftsatzphase lernen die Teilnehmer:innen, sich vertieft mit einem umfassenden Sachverhalt auseinanderzusetzen, diesen auszuwerten und auf dieser Grundlage rechtliche Recherche zu absolvieren. Anders als im Studium hat die gesamte Arbeit mit dem Sachverhalt und die gesamte Recherche parteilich zu erfolgen. So lernen die Studierenden, Argumentationsstrukturen für die Partei zu entwickeln, die sie im konkreten Fall anwaltlich vertreten, und diese Argumente sowohl schriftlich als auch mündlich strukturiert und nachvollziehbar darzustellen. Im Wettbewerb kommen rhetorische Fähigkeiten beim Vortragen des vorbereiteten Plädoyers sowie beim spontanen Beantworten kritischer Fragen vonseiten der Richterbank hinzu. Schließlich bietet der Jessup Moot Court den Vorteil, mit Studierenden, Professor:innen, Richter:innen und anderen Praktiker:innen aus ganz Deutschland und aus der ganzen Welt in Kontakt zu kommen.
Für die Universität Münster traten in diesem Jahr die Studierenden Isabel Kießling, Jonas Schunert, Şare Deniz und Carlotta Musiol an. Das Coaching des Teams übernahmen die Wissenschaftlichen Mitarbeiter:innen Leonie Brinkmann und Max Milas. Inhaltlich betraf der von den Studierenden zu behandelnde Sachverhalt wie auch in den vergangenen Jahren hochaktuelle Themen. Er enthielt Probleme zur Auslegung eines Friedensvertrags (1), zu tödlichen Angriffen in einem vermeintlich besetzten Gebiet (2), zu unilateralen wirtschaftlichen Sanktionen (3) sowie zu den rechtlichen Folgen der fehlerhaften Entsorgung giftigen Abfalls (4).
Die Vorbereitungsphase des Teams begann im September mit einigen Teambuilding- und Rhetorik-Übungen in Warendorf, um für die darauffolgenden intensiven Monate gewappnet zu sein. Während der Vorbereitung der Schriftsätze reiste das Team zudem im November 2022 nach Den Haag und besuchte dort unter anderem Verhandlungen des IGH und des Internationalen Strafgerichtshofs, tauschte sich mit dem IGH-Richter Georg Nolte aus und war in der deutschen Botschaft zu Gast. Anfang März 2023 fanden die German National Rounds an der Hertie School in Berlin statt. Das Münsteraner Team erreichte mit zwei Siegen den 10. Platz der 17 teilnehmenden Universitäten und zog damit nur knapp nicht in das Viertelfinale ein. Mit ihren Schriftsätzen konnte das Team sogar den 7. Platz erreichen. Die Münsteraner Studierenden konnten aus der Teilnahme am Jessup Moot Court sehr viel mitnehmen und haben vor allem die Wettbewerbszeit in Berlin sehr genossen. Neben den Wettbewerbsrunden hatte das Team die Chance, sich mit Studierenden aus ganz Deutschland sowie namenhaften Völkerrechtler:innen auszutauschen.
An dieser Stelle möchten wir uns beim Freundeskreis Rechtswissenschaft sowie dem Förderverein Fachschaft Jura für die großzügige finanzielle Unterstützung bedanken. Auch den Kanzleien Heuking Kühn Lüer Wojtek, Noerr sowie GÖRG gilt unser Dank für die finanzielle Hilfe. Ein besonderer Dank gilt zudem den Lehrstühlen von Professorin Markard, Professor Fowkes und Professor Lepsius, die uns mit ihren Probepleadings sehr weitergeholfen haben. Ohne Ihre Unterstützung wäre die erfolgreiche Teilnahme an den National Rounds nicht möglich gewesen.
Im Juni beginnt die Bewerbungsphase für den Jessup Moot Court 2023/2024. Inhaltlich wird es um das Recht auf politische Äußerung, Staatenlosigkeit, das Recht auf Nationalität sowie den Umfang der Autorität des UN-Sicherheitsrates bei der friedlichen Konfliktlösung gehen. Informationen zum Jessup Moot Court finden sich auf der Homepage von ILSA, der Website des Lehrstuhls von Prof. Dr. Petersen sowie im Learnweb-Kurs Jessup Moot Court 2023/2024 (Passwort: Jessup23). Fragen zum Jessup Moot Court können jederzeit an Leonie Brinkmann gerichtet werden.