Abschluss und Möglichkeiten
Nach erfolgreicher Absolvierung des Doppelstudiengangs Deutsches und Französisches Recht erlangen die Studierenden einen deutschen Bachelor of Laws (LL.B.) und eine französische Licence en droit. Mit diesen Abschlüssen stellen sich den Studierenden verschiedene Möglichkeiten.
Das Studium der Rechtswissenschaften, die juristischen Studienabschlüsse und damit auch die beruflichen Einsatzmöglichkeiten sind traditionell eng an denjenigen Staat geknüpft, in dem das Studium absolviert wird. Studierende, die in Deutschland einen klassischen juristischen Beruf ausüben möchten (Richteramt, Staatsanwaltschaft, anwaltliche Tätigkeit), müssen im Anschluss an ihren LL.B. und ihre Licence das 1. Staatsexamen, das Referendariat und das 2. Staatsexamen ablegen. Auch in Frankreich genügt die Licence noch nicht, um einen klassischen juristischen Beruf auszuüben; vielmehr müssen die Studierenden – je nach gewünschter beruflicher Orientierung – ein aufbauendes Masterstudium absolvieren, den berufsbezogenen „concours“ durchlaufen und z.B. die „École nationale de la magistrature“ besuchen, wenn sie Richter oder Richterin werden möchten.
Diese klassischen juristischen Werdegänge, die nach wie vor für den größten Teil der Juristinnen und Juristen dem üblichen Weg entsprechen, werden durch den Doppelstudiengang nicht ausgeschlossen. Der Doppelabschluss ermöglicht es den Studierenden beider Länder, unabhängig von ihrer Herkunft und Muttersprache ihr Studium und ihre berufliche Laufbahn entweder in Deutschland (in der Regel dann Staatsexamen) oder in Frankreich (Master) weiterzuverfolgen. Für den deutschen Staatsexamensstudiengang Jura bedeutet dies, dass die für die Zwischenprüfung erforderlichen Studienleistungen im Zivilrecht und im öffentlichen Recht im Rahmen des Doppelstudiengangs vollständig absolviert und entsprechend anrechenbar sein werden. Zudem sollen die in Lyon erbrachten Leistungen des dritten Studienjahres für den Schwerpunktbereich des deutschen Jurastudiums angerechnet werden. Die Studierenden des Doppelstudiengangs profitieren nach erfolgreichem Abschluss ebenfalls von einer Einstufung ins 5. Semester des Studiums der Rechtswissenschaften, was ihnen genügend Zeit bietet, um die noch fehlenden Leistungen der Zwischenprüfung nachzuholen und sich hinreichend auf den staatlichen Teil des 1. Staatsexamen vorzubereiten, ohne die Möglichkeit des Freischusses verfallen zu lassen.
Ohne somit die klassischen juristischen Werdegänge in Deutschland und Frankreich zu verschließen, erweitert der Doppelstudiengang die möglichen Werdegänge und Berufsfelder. Insbesondere die europäischen Institutionen (Europäische Kommission, Europäische Agenturen, Europäischer Auswärtiger Dienst, Generalsekretariat des Rates etc.) bieten zahlreiche attraktive Beschäftigungsmöglichkeiten gerade für Absolvent*innen mit qualifizierten fachspezifischen Fremdsprachenfähigkeiten und der Fähigkeit, in einem internationalen Kontext zu agieren und mit mehr als einer einzigen Rechtsordnung zu arbeiten. In ähnlicher Weise gilt dies für weitere internationale Organisationen weltweit. Jurist*innen mit einer Ausbildung in mehr als nur einer Rechtsordnung und fundierten fachspezifischen Fremdsprachkenntnissen können zudem erfolgreich in Kanzleien und Unternehmen mit Mandanten und Kunden aus dem französisch- bzw. deutschsprachigen Ausland tätig werden, da sie nicht nur grenzübergreifende rechtliche Probleme besser lösen können, sondern auch über die erforderlichen interkulturellen Kommunikationsfähigkeiten verfügen.
Regelmäßig wird die Tätigkeit in solchen internationalen juristischen Berufsfeldern nicht schon mit dem Bachelor möglich sein. Stattdessen ist ein darauf aufbauender Master notwendig. Im Anschluss an das deutsch-französische Doppelstudium bietet sich beispielsweise einer der folgenden Masterstudiengänge in Deutschland an:
- Internationale und Europäische Governance (M.A.), Universität Münster
- Public Administration (M.A.)
- Öffentliche Wirtschaft (M.A.)
Möchten die Absolvent*innen ihr Studium in Frankreich fortsetzen, so ermöglicht ihnen die im Doppelstudiengang erworbene Licence den Zugang zu den verschiedensten rechtswissenschaftlichen Masterprogrammen, die – im Unterschied zum deutschen Staatsexamen – bereits einen deutlich höheren Grad an Spezialisierung aufweisen. In der Regel werden die Bewerber*innen nach ihrer Abschlussnote der Licence für die Zulassung zum Master ausgewählt. Allein an der Partneruniversität Lyon 3 werden zahlreiche Masterprogramme für die Studierenden angeboten; viele davon haben eine explizit internationale Ausrichtung, z.B. „Master Droit européen des affaires“ oder „Master Droit des organisations internationales“ (vollständige Liste unter https://facdedroit.univ-lyon3.fr/les-masters). Ein vergleichbar breites Spektrum von Masterstudiengängen mit internationaler Ausrichtung bieten zahlreiche weitere französische Universitäten, beispielsweise einen LL.M. International Business Law (Lyon Catholic University oder Université Paris 2 Panthéon-Assas) oder einen LL.M. French Law and European Law in France (Université Paris 1 Panthéon-Sorbonne).
Auch eine Fortsetzung des Studiums in einem Drittstaat ist möglich, gerade wenn die Absolvent*innen einen europarechtlichen Schwerpunkt setzen möchten.
Die Studierenden können im Verlauf des dreijährigen Studiums durch ihren Kontakt zu Hochschullehrer*innen beider Länder, z.B. im Zusammenhang mit der Anfertigung der verpflichtenden Bachelorarbeit und im Rahmen des Konzepts des forschenden Lernens der Universität Lyon 3, erste Einblicke in die wissenschaftliche Forschung erhalten.
Besonders leistungsstarke Studierende haben nach dem abgeschlossenen Hochschulstudium (Master oder Staatsexamen) die Möglichkeit, forschend im Rahmen einer Dissertation im Wege der üblichen Promotionsverfahren tätig zu werden. Der Doppelstudiengang versteht sich in dieser Hinsicht auch als Grundlage und Multiplikator für transnationale (ggf. rechtsvergleichende), deutsch-französische Forschungsvorhaben und soll über das bloße Studium hinaus die Entstehung langfristiger wissenschaftlicher Kooperationen fördern. Dies wird durch die enge Zusammenarbeit der Rechtswissenschaftlichen Fakultäten der Universitäten Münster und Lyon begünstigt, die eine optimale Förderung der Absolvent*innen durch renommierte und – auch mit dem europäischen Ausland – exzellent vernetzte Wissenschaftler*innen garantiert. Konkret sind etwa Promotionsvorhaben mit einer „Cotutelle“ durch die Universität des jeweils anderen Landes denkbar und werden mittelfristig angestrebt.