Interview mit Prof. Dr. Michaela Hailbronner

Herzlich Willkommen oder besser herzlich Willkommen zurück an der Uni Münster! Sie waren bereits als post-doc an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät tätig. Nun konnte die Fakultät Sie wieder für sich gewinnen.

1. Was haben Sie in der Zeit in Gießen, an der Sie Ihre wissenschaftliche Karriere als Juniorprofessorin fortgesetzt haben, an Münster vermisst?

Nicht das gute Wetter. Vermisst habe ich tatsächlich die Studierenden, die in Münster schon im deutschen Vergleich besonders offen für internationale Ansätze sind, gern auch mal etwas auf Englisch lesen und nach meiner Erfahrung auch öfter schon mal in den Politikwissenschaften ein paar Vorlesungen gehört haben. Aber ich vermisse natürlich auch umgekehrt manches aus Gießen, vor allem den Campus und die Kolleginnen und Kollegen.

2. Erzählen Sie uns von Ihrer Studienzeit. Was hat Sie aus heutiger Sicht besonders geprägt?

Am meisten habe ich mich in meiner Studienzeit eigentlich mit privaten Dingen herumgeschlagen...ich musste mich selbst erst mal finden und das hat eine Weile gedauert. Geprägt haben mich in dieser Zeit vor allem meine Freunde, beim AKJ und darum herum, denen ich mehr als dem Studium selbst eine kritischere Haltung zu bestimmten Themen verdanke. 

3. Sie haben die Professur für Öffentliches Recht. Können Sie uns einen Einblick in ihre Forschungsschwerpunkte – und vorhaben geben?

Mich interessiert eigentlich vor allem, warum Recht und rechtliche Institutionen sich wie entwickeln, und nicht so sehr, was jetzt dogmatisch richtig ist, auch wenn das natürlich ein wichtiges Thema für die Rechtswissenschaft ist. Für mich war die Rechtsvergleichung immer ein Tor für solche Fragen nach dem "warum" - z.B. warum verläuft die Diskussion über den amerikanischen Supreme Court so anders als die über das deutsche Verfassungsgericht. In den letzten Jahren habe ich aber auch ein mehr präskriptiv gearbeitet, auch ein wenig unter dem Eindruck der Erosion demokratischer Strukturen in den USA, Osteuropa etc. - das kann einen als Juristin im öffentlichen Recht natürlich nicht kalt lassen und ist auch ein Bereich, bei dem rechtsvergleichende Perspektiven viel Sinn machen. Und ein Thema, mit dem ich mich schon lange herumschlage, ist die Rolle von Gerichten - des Bundesverfassungsgerichts, aber auch z.B. des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, wo mir manchmal in Deutschland die institutionelle Perspektive fehlt... d.h. wir denken viel darüber, wie wir bestimmte Normen auslegen sollen, aber wenig darüber, wer sie auslegt und warum und was das für die Demokratie bedeutet. 

4. Was liegt Ihnen im Bereich der Lehre besonders am Herzen?

Ich würde mich über ernsthafte Fragen und Diskussionen freuen und das kann auch gern mal kritisch ausfallen. Ich hatte z.B. mal eine Studentin in Münster in meinem ersten Semester als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Wintersemester 2016, die kritisierte, dass ich immer mal Carl Schmitt Referenzen verwendete, ohne ihn wirklich umfassender historisch einzuordnen. Das war natürlich eine völlig berechtigte Kritik und ich fand es beeindruckend, dass die Studentin die auch - und relativ scharf - formulierte, aber genau das ist die richtige Einstellung, auch wenn es dann manchmal für einen selbst im Hörsaal zunächst unangenehm ist.

5. Was machen Sie gern in Ihrer Freizeit?

Lesen, spazierengehen, essen - möglichst alles zusammen und in dieser Reihenfolge.